2022BlogLAG Hessen: Als Arbeitsvertrag bezeichneter Geschäftsführer-Vertrag bleibt Arbeitsvertrag

6. April 2022
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LAG Hessen 01.02.2022, 19 Ta 507/21

Wird ein Anstellungsvertrag ausdrücklich als „Arbeitsvertrag“ bezeichnet, ist er regelmäßig auch als Arbeitsvertrag einzuordnen. Wie der Vertrag tatsächlich gelebt wird, ist irrelevant.

Employment Contract = Arbeitsvertrag ≠ Geschäftsführer-Dienstvertrag

Das Landesarbeitsgericht Hessen im Februar 2022 hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der Angestellte als „Managing Director“ auf Grundlage eines englischsprachigen „Employment Contract“ („Arbeitsvertrag“) tätig war. In dem Vertrag wurde der Angestellte als Employee („Arbeitnehmer“) und die Anstellungs-Gesellschaft als Employer („Arbeitgeber“) bezeichnet. Der Vertrag enthielt außerdem typische Klauseln eines Arbeitsvertrages: Weisungsrecht, Arbeitsort, Arbeitszeit, Erholungsurlaub.

Der Angestellte war zeitweise als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen und trat auch als Geschäftsführer auf.

Dennoch erkannte das Landesarbeitsgericht Hessen, dass es sich vorliegend um einen Arbeitsvertrag handelte, nicht um einen Geschäftsführer-Dienstvertrag. Normalerweise kommt es nicht darauf an, wie ein Vertrag bezeichnet wird – entscheidend ist die tatsächliche Durchführung des Vertrages. Nicht so, wenn der Vertrag ausdrücklich als Arbeitsvertrag bezeichnet wird. Dem LAG Hessen war es also egal, wie der Vertrag tatsächlich durchgeführt wurde, es kam hier allein auf die Bezeichnung als Arbeitsvertrag an. Dies reichte schon aus, um ein Arbeitsverhältnis anzunehmen.

Schließen die Vertragsparteien einen als Arbeitsvertrag bezeichneten Vertrag und regeln sie darin für ein Arbeitsverhältnis typische Rechte und Pflichten, dann handelt es sich auch um ein Arbeitsverhältnis. Die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses ist hierbei nicht relevant. Sie wäre nur dann relevant, wenn die Parteien ein Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis, sondern z. B. als freies Dienstverhältnis bezeichnen, der Beschäftigte jedoch tatsächlich weisungsgebundene Tätigkeiten verrichtet.

Die Begründung des LAG Hessen (1.2.2022, 19 Ta 507/21)

„Das beruht darauf, dass ein tatsächlich bestehendes Arbeitsverhältnis durch Parteivereinbarung nicht dem Geltungsbereich des zwingenden Arbeitnehmerschutzes entzogen werden kann. Hieraus folgt aber nicht, dass ein Rechtsverhältnis, das als Arbeitsverhältnis vereinbart wurde, durch bloße Nichtausübung der Weisungsrechte zu einem freien Dienstverhältnis wird. Wollen die Parteien eines Arbeitsverhältnisses ihre Rechtsbeziehungen künftig als freies Dienstverhältnis fortsetzen, müssen sie das hinreichend klar unter Beachtung von § 623 BGB vereinbaren.“ 

 

Fazit

Die Entscheidung des LAG Hessen ist ein Appell an alle Arbeitgeber, bei der Vertragsgestaltung von Geschäftsführer-Dienstverträgen besonders sorgfältig zu sein. Eine klare und saubere Vertragssprache und die  richtige Verwendung der Begrifflichkeiten ist entscheidend, welche rechtliche Qualität das Vertragsverhältnis hat. Und das hat weitreichende Folgen für den Rechtsweg (Arbeitsgericht oder Landgericht?), den Kündigungsschutz und eine Vielzahl von Arbeitnehmer-Schutzvorschriften.