Als Lara an einem Donnerstagabend den DocuSign-Link ihres Arbeitgebers öffnete, ging alles schnell: Ausweis prüfen lassen, ein paar Häkchen setzen, die digitale Signatur einfügen. „Rein formal“, hieß es. Was Lara da unterschrieb war ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Monate später steht ein Jobwechsel an. Die Frage, die sie beschäftigt: Bindet sie dieses digital unterzeichnete Wettbewerbsverbot wirklich?
Wettbewerbsverbot: Gesetz verlangt echte Schriftform
Rechtlich kommt es auf die Form an. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot braucht Schriftform. Gemeint ist nicht „irgendeine“ digitale Signatur, sondern entweder die eigenhändige Unterschrift mit Tinte auf Papier nach § 126 BGB oder eine sogenannte qualifizierte elektronische Signatur (QES) im Sinne von § 126a BGB und der eIDAS-Verordnung. Eine gewöhnliche DocuSign-Unterschrift, auch mit vorheriger Ausweisprüfung oder Video-Ident, ist in der Regel nur einfach oder fortgeschritten – und ersetzt die gesetzliche Schriftform nicht. Fehlt es an Papier mit Originalunterschrift oder an einer echten QES, ist das Wettbewerbsverbot formnichtig. Das ist kein Formalismus um des Formalismus willen, sondern Schutz: Die Schriftform soll vor übereilten Bindungen bewahren und Klarheit schaffen, welche Urkunde gilt und welche Anlagen dazugehören.
Was ist eine QES – und wie erkennt man sie?
Eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) erkennt man daran, dass:
> sie als „Qualified Electronic Signature“ gekennzeichnet ist,
> ein qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter benannt wird,
> ein qualifiziertes Zertifikat auf den Namen des Unterzeichners vorliegt,
> ein qualifizierter Zeitstempel enthalten ist.
QES ist nicht gleich DocuSign: Worauf es wirklich ankommt
Wer als Arbeitnehmer eine solche Wettbewerbsklausel vorgelegt bekommt, sollte genau prüfen, bevor er sich durch Inhalte kämpft. Liegt nur ein digital unterschriebenes PDF vor, lohnt der Blick in die „Evidence Summary“ des Anbieters und in die PDF-Signaturprüfung (z.B. in Adobe): Eine QES ist ausdrücklich als „Qualified Electronic Signature“ ausgewiesen, sie nennt einen in der EU-Trusted-List gelisteten qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter, enthält ein qualifiziertes Zertifikat auf den Namen des Unterzeichners und regelmäßig einen qualifizierten Zeitstempel. Fehlen diese Merkmale, ist es keine QES. Wurde die Klausel auf Papier unterzeichnet, müssen die Unterschriften eigenhändig sein, auf derselben Urkunde stehen.
Aushändigung der Urkunde: Pflicht mit Folgen
Die Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterschriebenen Urkunde steht zwar in § 74 Abs. 1 HGB im Gesetz, ist aber keine echte Wirksamkeitsvoraussetzung im strengen Sinn. Die Pflicht, die Wettbewerbsverbots-Urkunde auszuhändigen, hat aber Schutzfunktion: Geht sie zulasten des Arbeitnehmers schief, kann er sich regelmäßig auf Unverbindlichkeit berufen. Der Arbeitgeber selbst kann sich nicht auf das Wettbewerbsverbot berufen, wenn er die Urkunde nicht ausgehändigt hat. Der Arbeitnehmer selbst kann, wenn er möchte, aber am Wettbewerbsverbot festhalten – der Arbeitgeber muss dann weiter die Karenzentschädigung zahlen.
Inhaltliche Hürden: Ohne Entschädigung kein Wettbewerbsverbot
Erst wenn die Form hält, stellt sich die Frage nach dem Inhalt. Ohne Karenzentschädigung von mindestens fünfzig Prozent der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen (einschließlich Boni und weiterer Gehaltsbestandteile!) ist ein Wettbewerbsverbot unwirksam. Zu weit gefasste, unklare oder pauschal globale Verbote sind unzulässig; zulässig ist nur, was betriebliche Interessen in einem angemessenen Zeitraum und räumlichen/sachlichen Zuschnitt schützt. Wer sich trennt, sollte keine Zusatz-Erklärungen unterschreiben, die pauschal die Wirksamkeit „bestätigen“.
Und Lara? Sie ließ das Dokument prüfen. In ihrem DocuSign-Vorgang fand sich kein Hinweis auf eine QES, kein qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter, kein qualifiziertes Zertifikat auf ihren Namen. Eine Papierurkunde mit Originalunterschriften existierte ebenfalls nicht. Damit fehlte die gesetzliche Schriftform – die Wettbewerbsabrede band sie nicht. Der Wechsel zum neuen Arbeitgeber konnte ohne weiteres erfolgen.
Wie so oft steckt der Teufel im Detail – wir unterstützen Sie gern und prüfen für Sie, ob Ihr nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirksam ist. Kontaktieren Sie uns gern unter mail@rvk.law!


