Im Angesicht des kürzlich von der Deutschen Telekom angekündigten Stellenabbauprogramms „Booster“ steigt die Unsicherheit und Sorge unter den Mitarbeitern. Die drohende Gefahr, den Arbeitsplatz zu verlieren, ist nicht nur mental belastend, sondern konfrontiert die Betroffenen auch mit einer Flut von Fragen: Steht mein Name auf einer „Liste“? Was bedeutet es in diesem Kontext, ein Leitender Angestellter zu sein, und wie steht es um meinen Kündigungsschutz? Was verbirgt sich hinter dem Begriff Transfergesellschaft und welchen Nutzen könnte sie mir bieten? In diesem Beitrag adressieren wir diese und weitere Fragen, um Ihnen ein klares Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und der verschiedenen Szenarien zu vermitteln, die sich aus dem Stellenabbauprogramm der Telekom ergeben könnten. Wir beleuchten auch die Themen Abfindungen, rechtzeitige Vorbereitungen und den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung, um Sie bestmöglich vorzubereiten.
Ich habe gehört, dass es bereits Namenslisten mit Betroffenen geben soll. Was bedeutet das für mich, wenn ich auf dieser Liste stehe?
Ein Stellenabbau darf nur nach strengen Vorgaben erfolgen. Es ist nicht zulässig, im Vorfeld “Wunschlisten” zu erstellen, in die diejenigen Mitarbeiter eingetragen werden, die eine Führungskraft gern loswerden möchte. Wenn es solche Listen gibt, wird Ihr Arbeitgeber diese später im Falle einer Kündigung nicht verwenden dürfen. Falls solche Listen existieren, dann kann das sogar dazu führen, dass die Kündigungen unwirksam sind. Sie stellen nämlich eine Umgehung der Sozialauswahl dar, die der Arbeitgeber zwingend nach folgenden Kriterien einhalten muss: Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderung. Wer Namenslisten mit “Wunschkandidaten” vor der endgültigen Entscheidung über die Reorganisation erstellt, verstößt schon im Vorfeld gegen die Grundsätze des deutschen Kündigungsschutzrechts. Sie haben im Konfliktfall also gute Karten gegenüber Ihrem Arbeitgeber.
Ich bin Leitender Angestellter der Telekom. Da habe ich doch gar keinen Kündigungsschutz!
Selbst als Leitender Angestellter bei der Telekom haben Sie Kündigungsschutz. Allerdings kann Ihr Arbeitgeber im Zuge einer Kündigung einen Auflösungsantrag einreichen. In diesem Fall ist das Arbeitsgericht verpflichtet, das Arbeitsverhältnis aufzulösen und muss Ihnen eine Abfindung von bis zu 18 Monatsgehältern zusprechen, vorausgesetzt, Sie erfüllen die Kriterien eines „echten“ Leitenden Angestellten.
Entwarnung: Tatsächlich sind die meisten Mitarbeiter aber nur auf dem Papier Leitende Angestellte. Die Gesetzgebung und Rechtsprechung setzen hohe Hürden dafür, wer als „echter“ Leitender Angestellter gilt. Dazu müssen Sie nicht nur eine leitende Position wie etwa eine einem Geschäftsführer oder Betriebsleiter vergleichbare Aufgabe innehaben, sondern auch die Befugnis haben, Mitarbeiter eigenständig einzustellen oder zu entlassen. Zudem muss diese Befugnis tatsächlich ausgeübt werden und ein wesentlicher Bestandteil Ihrer Aufgaben sein.
Die meisten Mitarbeiter erfüllen diese strengen Anforderungen nicht und sind deshalb nicht Leitende Angestellte im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes.
Ich habe gehört, dass es eine Transfergesellschaft geben soll. Was ist das und was bedeutet das für mich?
Eine Transfergesellschaft ist eine spezielle Form der Arbeitsvermittlung, um den Übergang von Arbeitnehmern, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, zu erleichtern. Dies kommt meistens bei Umstrukturierungen, Betriebsschließungen oder ähnlichen Situationen vor, in denen ein Unternehmen einen erheblichen Personalabbau plant.
In einer Transfergesellschaft werden die betroffenen Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit (oft 6-12 Monate) übernommen und erhalten während dieser Zeit Weiterbildungsmaßnahmen, Qualifizierungen oder auch Hilfe bei der Jobsuche. Das Ziel ist die Wiedereingliederung der Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt. In der Regel erhalten die Arbeitnehmer weiterhin einen Teil ihres bisherigen Gehalts, oft in Form von Transferkurzarbeitergeld.
Niemand ist verpflichtet, sich in eine Transfergesellschaft abschieben zu lassen. Sie kann zwar Vorteile bieten, rechtfertigt aber keine Kündigungen.
Viel wichtiger ist eine begleitende Outplacement-Beratung oder gar ein vom Arbeitgeber finanziertes “reverse Headhunting”, also die aktive und professionelle Stellensuche für den betroffenen Arbeitnehmer.
Sollte ich mich sofort auf Stellensuche begeben?
Einige deutsche Konzerne haben Vereinbarungen mit großen Headhunting-Agenturen und Personalvermittlern, die es den Vermittlern untersagen, bestimmte Führungskräfte zu vermitteln. Solange diese Sperr-Vereinbarungen aktiv sind, könnte es für Sie schwierig sein, eine hochkarätige Anschlussbeschäftigung zu finden. Die Aufhebung dieser Sperre muss in einer Aufhebungsvereinbarung separat vereinbart werden.
Wir empfehlen außerdem, nicht voreilig das eigene Netzwerk zu aktivieren und nach Jobaussichten zu fragen. Diese Frage können Sie in der Regel nur 1x stellen – und sie muss sitzen. Erfährt außerdem Ihr Vorgesetzter durch Umwege von Ihrer aktiven Stellensuche, kann sich dies negativ in Verhandlungen über eine Aufhebungsvereinbarung auswirken.
Sollte ich jetzt aktiv auf meinen Arbeitgeber zugehen, wenn ich mich beruflich auch verändern möchte?
Es kann von Vorteil sein, vor Abschluss der Restrukturierungsmaßnahmen eine individuelle und maßgeschneiderte Exit-Vereinbarung zu verhandeln. Allerdings ist hier größte Vorsicht geboten. Wenn Sie Ihrem Arbeitgeber voreilig signalisieren, dass Sie das Unternehmen verlassen möchten, sieht dieser keinen Grund mehr, Ihnen eine anständige Abfindung zu zahlen. Die Ansprache muss geschickt vorbereitet sein.
Wieviel Abfindung erhalte ich, wenn ich gekündigt werde?
Die Höhe einer möglichen Abfindung ist von einigen Faktoren abhängig – nicht zuletzt auch vom Verhandlungsgeschick. Gerade bei großen Programmen zum Abbau vieler Stellen gibt es Sozialpläne und Richtlinien, die das Angebot des Arbeitgebers für eine Abfindung bestimmen. Entscheidend sind in aller Regel das Gehalt und die Betriebszugehörigkeit, multipliziert mit in den Programmen festgelegten Faktoren. Die Faktoren werden teilweise vom Alter bestimmt, teilweise jedoch auch einheitlich für alle Mitarbeiter festgelegt. Zudem kann es Zusatzbeiträge oder gewisse Erhöhungen des Faktors geben, beispielsweise für jedes Kind oder eine Schwerbehinderung.
Wichtig zu wissen ist jedoch: Diese in Sozialplänen und Richtlinien festgelegten Berechnungsgrundlagen stellen jedoch in vielen Fällen nur den ersten Vorschlag beziehungsweise eine Mindesthöhe dar. Häufig ist es möglich, individuell eine höhere Abfindung zu verhandeln oder weitere Aspekte zu regeln. Neben einer Abfindung kann zum Beispiel auch eine – steuerlich vorteilhafte – Einzahlung in die Altersversorgung vereinbart werden.
Bei vielen älteren Führungskräften bieten sich statt der Zahlung einer Abfindung die Vereinbarung eines Vorruhestandsverhältnisses oder einer Altersteilzeit an.
Was kann ich tun, um mich zu wappnen?
Sichern Sie sich als erstes Ihre Stellenbeschreibung. Gegebenenfalls könnten Sie auch ein Zwischenzeugnis anfordern, in dem Ihre Aufgaben detailliert aufgeführt werden sollten. Außerdem ist es wichtig, bereits viele Informationen zu sammeln, die in einem Kündigungsschutzverfahren wichtig sein werden. Hierzu sollten beispielsweise kürzlich neu besetzte Stellen dokumentiert werden, regelmäßig intern und extern ausgeschriebene freie Stellen gesammelt werden und Sozialdaten vergleichbarer Mitarbeiter herausgefunden werden.
Rechtsschutzversicherung abschließen
Da die Restrukturierung noch einige Zeit in der Zukunft zu liegen scheint, lohnt es sich gegebenenfalls, jetzt eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen. Sollten Sie dann betroffen sein, ist die Wartezeit Ihrer Versicherung abgelaufen, und Sie können einen großen Teil Ihrer Kosten über die Versicherung abwickeln lassen.
Melden Sie sich gerne bei uns, wenn Sie weitere Fragen zum Stellenabbau und den damit verbundenen Folgen haben.
Aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen mit verschiedenen Gesellschaften im Telekom-Konzern können wir nicht nur die Erfolgsaussichten sehr gut einschätzen, sondern wir kennen auch viele der für die Telekom handelnden Personen und wissen daher genau, welches Vorgehen in welcher Situation für unterschiedliche Ziele am effektivsten ist.
Gern können Sie uns auch weitere Fragen schicken, die Sie zu dem Thema haben. Sie erreichen uns per E-Mail unter: mail@rvk.law.