2022BlogBonus und Zielvereinbarung

1. März 2022
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Keine Zeit zum Lesen? Zusammenfassung am Ende

Frühlingszeit ist Bonuszeit für Führungskräfte. Die harte Arbeit des vergangenen Jahres wird belohnt und der Zielbonus für das kommende Jahr festgelegt. Aber viele leitende Angestellte erleben eine unangenehme Überraschung, denn der Bonus fällt geringer aus als erwartet oder wird ganz gestrichen.

Boni sind kein Geschenk des Arbeitgebers, sondern Bestandteil der vertraglichen Vergütung. Es gibt einige Spielregeln, an die sich jeder Arbeitgeber halten muss.

 

Zielvereinbarung

Eine Zielvereinbarung dient dazu, die Kriterien festzulegen, anhand derer die Höhe des Bonus ermittelt wird. Ein Bonus besteht in der Regel aus einer Mischung von Unternehmenszielen und persönlichen Zielen. Die Gewichtung dieser Ziele wird meist im Arbeitsvertrag festgelegt (z.B. 70% Unternehmensziele, 30% persönliche Ziele). Sie kann aber jährlich neu vereinbart werden. Die Führungskraft nimmt oft nur indirekt Einfluss auf die Unternehmensziele. Die Musik spielt deshalb bei den persönlichen Zielen.

Es gibt verschiedene Arten von Zielen, harte und weiche. Harte Ziele sind konkrete Kennzahlen, wie viel Umsatz der Mitarbeiter im Jahr erzielt hat oder ob ein neues Produkt erfolgreich am Markt platziert wird. Die Unternehmenskennzahl EBIT taucht ebenfalls oft auf. Diese Ziele lassen sich meist gut messen und von externen Beobachtern (z.B. im Falle eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht) überprüfen.

Weiche Ziele sind deutlich schwerer zu messen. Dies sind zum Beispiel der Umgang mit den Mitarbeitern, Kundenzufriedenheit oder Kommunikationsstärke. Weiche Ziele sind häufig Streitpunkte.

 

Tipp:

Vereinbaren Sie so wenige weiche Ziele wie möglich. Definieren Sie gemeinsam mit Ihrer Führungskraft, wie die Zielerreichung gemessen wird. 

 

Was, wenn der Arbeitgeber keine Zielvereinbarung abschließt?

Gibt es keine Zielvereinbarung, obwohl sie laut Arbeitsvertrag hätte abgeschlossen werden müssen, stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer trotzdem Anspruch auf seinen Bonus hat?

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber die Initiative ergreifen, um eine Zielvereinbarung abzuschließen. Man spricht deshalb von der „Initiativlast des Arbeitgebers“. Versäumt der Arbeitgeber dies, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des zugesagten, erreichbaren Bonus. (Bundesarbeitsgerichts-Urteil vom 17.12.2020, 8 AZR 149/20).

Der Arbeitnehmer hat aber eine sogenannte Mitwirkungsobliegenheit. Das heißt, er darf den Abschluss einer Zielvereinbarung nicht ohne guten Grund verweigern. Andernfalls droht eine Kürzung des Bonus-Anspruchs.

 

Tipp: 

Falls der Arbeitgeber sich bis zum März (beziehungsweise kurz nach Beginn des Geschäftsjahres) nicht mit einem Vorschlag gemeldet hat, empfehlen wir, höflich per E-Mail auf die bislang fehlende Zielvereinbarung hinzuweisen. Diese E-Mail sollte dann per Ausdruck oder Screenshot gesichert werden, um in einem etwaigen späteren Prozess nachweisen zu können, dass Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen sind. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber wegen eines schwebenden Gerichtsverfahrens keine Zielvereinbarung treffen will.

 

Was ist, wenn die Zielvereinbarung erst im Herbst abgeschlossen werden soll?

Das Jahr ist fast vorüber, und der Vorgesetzte legt erst jetzt eine Zielvereinbarung für das laufende Jahr vor? Auch hier hilft die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Zielvereinbarungen sollen motivieren und eine Leistungssteigerung fördern. Diesen Zweck können Zielvereinbarungen, die erst kurz vor Ende des Geschäftsjahres abgeschlossen werden sollen, nicht mehr erfüllen. Wenn es der Führungskraft auch in Kenntnis der Ziele realistisch nicht mehr möglich ist, hinreichend auf die Erreichung der Ziele hinzuarbeiten, ist die Zielvereinbarung wertlos (BAG-Urteil vom 17.12.2020, 8 AZR 149/20). In diesem Fall steht dem Mitarbeiter ebenfalls ein Schadensersatzanspruch in Höhe des in Aussicht gestellten Bonus zu. Das gilt sogar dann, wenn er erst spät im Jahr eine Zielvereinbarung abschließt.

 

Was ist, wenn der Arbeitgeber Ziele rückwirkend festlegen will?

Auch das ist nicht zulässig. Nach Ablauf des jeweiligen Zeitraums, für den eine Zielvereinbarung zu treffen war, kann diese nicht mehr rückwirkend getroffen werden. Zweck von Zielbonussystemen ist die Förderung der Mitarbeitermotivation. Der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus dient als Anreiz. Diese Funktion kann ein Bonus nur erfüllen, wenn der Arbeitnehmer die von ihm zu verfolgenden Ziele vorher kennt. Das ist nachträglich nicht möglich (BAG-Urteil vom 12.12.2007, 10 AZR 97/07).

 

Was ist, wenn der Vorgesetzte unrealistische Ziele vereinbaren will?

Zielvereinbarungen dürfen herausfordernd sein. Sie müssen aber realistisch erreichbar bleiben. Die Erreichbarkeit der Ziele kann vom Arbeitsgericht überprüft werden. Absolut unerreichbare Ziele sind unzulässig. Wenn die Ziele für den leitenden Angestellten nicht erreichbar erscheinen, sollte er dies ebenfalls frühzeitig auf dem Zielvereinbarungsbogen dokumentieren.

 

Zielerreichung

Neben dem Abschluss einer Zielvereinbarung für das neue Jahr wird oft gleichzeitig ein Zielerreichungsgespräch für das abgelaufene Jahr geführt. Eine plötzliche Schlechtbewertung für zurückliegende Leistungen ist oft der Startschuss für einen langwierigen Konflikt, an dessen Ende oft die Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht.

Deshalb gilt:

Niemand sollte eine ungerechtfertigte Schlechtbewertung akzeptieren. Denn diese führt dazu, dass der Bonus geringer ausfällt, was dazu führt, dass das Jahresgehalt geringer ausfällt. Oft bleiben dann Gehaltserhöhungen aus, weil niemand mit einer schlechten Jahresbeurteilung eine Gehaltserhöhung bekommt. Geht es dann später um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wird das Jahresgehalt als Grundlage der Abfindungsberechnung herangezogen. Somit werden Sie mehrfach bestraft: schlechte Beurteilung keine Gehaltserhöhung geringerer Bonus geringere Bonusperspektive für das Folgejahr geringeres Jahresgehalt niedrigere Abfindung.

Die Führungskraft sollte daher immer eine schriftliche Begründung der Schlechtleistung fordern und dazu dann ein schriftliche, wohlüberlegte Stellungnahme abgeben. Beides muss dokumentiert werden, damit es im Nachhinein überprüft werden kann.

 

Tipp:

Achten Sie auf Ausschlussfristen/Verfallsfristen in Ihrem Arbeitsvertrag! Wenn Sie die „Bonus-Sache“ zu lange auf sich beruhen lassen, verfällt möglicherweise Ihr Anspruch auf einen höheren Bonus. Üblich und derzeit höchstrichterlich akzeptiert sind Fristen von drei Monaten. Ansprüche, die nach Ablauf dieser Frist geltend gemacht werden, verfallen. Es lohnt sich, das Bonus-Thema nicht auf die lange Bank zu schieben. 

 

Was gilt bei einer rechtswidrigen Versetzung?

Der Bonus spielt auch bei Versetzungen eine wichtige Rolle: Der Arbeitgeber spricht eine Versetzung auf eine neue Tätigkeit aus. Der leitende Angestellte wehrt sich gegen die Versetzung, weil er sie nicht für vertragsgemäß hält. Das Arbeitsgericht stellt fest, dass die Versetzung rechtswidrig war. Doch während des laufenden Prozesses hatte der Angestellte einige Monate in der neuen, unterwertigen Aufgabe gearbeitet. 

Die „Ziele“, die der Angestellte in der rechtswidrigen Versetzungszeit zu erreichen hatte, sind für seinen Bonusanspruch irrelevant. Der Arbeitgeber darf für die Zeit, in der er den Arbeitnehmer rechtswidrig beschäftigt hat, keine „Zielerreichung“ feststellen. Zielvereinbarungen für die Zeit der rechtswidrigen Versetzung sind hinfällig. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf den vollen Zielbonus oder sogar mehr, wenn der Durchschnitt in den vergangenen Jahren höher war. 

 

Bonus-Kalibrierung

Viele Konzerne greifen zur sogenannten „Bonus-Kalibrierung“, wenn sie der Meinung sind, die Boni im Unternehmen oder innerhalb eines Bereichs seien nicht gleichmäßig genug verteilt. Das kann geschehen, wenn aus Sicht des Arbeitgebers zu viele Führungskräfte eine zu gute Beurteilung erhalten haben. Dann „muss“ aus Sicht des Unternehmens kalibriert, sprich: „gekürzt“, werden. Zur Begründung zieht der Arbeitgeber die Gauß’sches Glockenkurve heran. Eine Bonus-Verteilung, die nicht unter die Glockenkurve („Normalverteilung“) passt, wir damit passend gemacht.

Es gibt keinerlei rechtliche, tatsächliche oder mathematische Grundlage oder Notwendigkeit, Boni nachträglich zu kürzen, nur damit in dem Unternehmen alle Bonus-Zahlungen unter die Gauß’sche Glockenkurve passen.

 

Tipp:

Akzeptieren Sie keine Bonus-Kalibrierung! Wer seine Ziele erreicht hat, hat Anspruch auf den vereinbarten Bonus. Eine „Kalibrierung“ oder „Justierung“ ist ein ungerechtfertigter Eingriff des Arbeitgebers in bereits verdientes Geld.

 

Zusammenfassung für Eilige
  • Fordern Sie ein Bonus-Gespräch ein, am besten per E-Mail, um einen Nachweis zu haben. Die Initiative liegt zwar beim Arbeitgeber, die Führungskraft muss aber auch darauf hinwirken, ein Zielvereinbarungsgespräch zu führen. Ansonsten kann der Bonus vom Arbeitsgericht gekürzt werden.
  • Vermeiden Sie „weiche Ziele“, die nicht oder nur schwer messbar sind. Vereinbaren Sie möglichst immer Kriterien und Maßstäbe, die objektiv und von Dritten überprüfbar sind.
  • Bestehen Sie auf einer schriftlichen Begründung, wenn Sie mit der Beurteilung Ihrer Leistungen nicht einverstanden sind. Achten Sie auf Ausschlussfristen!
  • Akzeptieren Sie keine Bonus-Kalibrierung.